31 mars 2009

Spuk in der Jan Pieter Heijestraat (II)

Gefrühstückt hatten meine Frau und ich jenen Morgen bei mir, wir wollten uns am Abend wieder treffen. Ich hatte noch einige Einkäufe in der Stadt zu erledigen und beschloß, meinen freien Samstagnachmittag dafür aufzuopfern. Mir stand noch viel Zeit zu Verfügung, und da ich unter der Woche selten dazu kam, wollte ich mir noch das Haar schneiden lassen. So machte ich einen Termin beim Frisör, um die Ecke, halb sechs.

Die Sonne schien, es war der erste Frühlingstag in Amsterdam. Die Kanäle ähnelten einer Miriade kleiner Messer unter der kalten Sonne. Um drei Uhr rief mich meine Frau an, ob ich Lust hätte, noch in Vertigo etwas zu trinken, bevor wir nach Hause gingen? Ich sagte zu, das Café befände sich in direkter Nähe vom Salon und ich könnte nach einem schellen Besuch beim Frisör den Abend bei einem Glas Rotwein ebenmässig ausklingen lassen. Meine Frau würde gerade von einer Lesung über Bruno Morchios letzter Tat “Heult mit den Wölfen in Genua“ zurückkommen. Ich hatte selbst noch viel vom vorigen Tag und meinem Abendessen bei den Italienern zu erzählen und versprach mir ein unterhalsames Gespräch.

Um halb sechs stand ich an der Schwelle zum Salon und drang in das halbdunkle Vorzimmer ein. Fruchtgerüche, exotische Düfte und Scherenklirren hingen in der Luft, drei Gelehrten waren noch fleißig am Werk. Ich war der letzte Kunde, vor mir musste nur noch ein junger Mann bedient werden. Bei Männern geht alles sehr schnell, im Handumdrehen saß ich mit nassem Haar vor dem Spiegel, die Schere hängend über dem Kopf.

Es war Samstag dort, dort sah ich Mevrouw Drumdeller. Den Namen verstand ich nicht gut, womöglich heißt sie anders. Sie lief in den Frisörsalon hinein und setzte sich entschlossen in einen braunen Thron. Sie trug einen blauen Morgenrock und ihre Henna-Haar offen. Meine Frisörin erzählte mir – und in dieser Sekunde erblickte ich in der reflektierenden Glasfläche ihre zweite Scherre-Eingeweihte mit einer Zahnbürste in der Hand -, Mevrouw Drumdeller tauche ab und zu auf, verweile eine Weile und weg sei sie. Es zog im Salon, ich machte die Tür zu. Weg war sie nach einer Weile.

„Mysteriös.“, dacht ich.
„Mysteriös.“, sagte meine Frisörin.

Meiner Frau erzählte ich nichts vom Zwischefall, Frauen tendieren zur Hysterie. Für das Unerklärliche muß unsägliche Vertrautheit und Komplizenschaft zugrunde liegen. Am nächsten Tag rief ich meinen langjährigen Freund Ton an und erzählte ihm meine Erlebnisse der letzten Tage - ich wollte den spaß teilen, der ganze Samstagnachmittag bei den drei Hexen war sehr unterhaltsam gewesen. Mevrouw Drumdeller sei sicher eine geistverlorene Dame aus dem Jordaan, vielleicht einsam? Doch sagte mein Freund, er habe auch vor kurzem in einem Frisörsalon der JP-Heijnstraat gesessen und damals ebenfalls eine Figur im blauen Morgenmantel flüchtig erhascht. Zu der Zeit wurde seine Aufmerksamkeit auf ein unwichtiges Detail des Salons gelenkt und so verdrängt er schnell die Figur aus seinem Geist, aber nun, daß ich sie wieder erwähne... Damit hatte ich natürlich nicht gerechnet.

– „Mevrouw Drumdeller spukt in Frisörsalons”, kategorisch.
– „Vielleicht läßt sie sich nur die Haare machen?”, naiv.
– „Das tat sie an dem Tag nicht.”, argwöhnisch.
– „Sie putzte sich die Zähne.”, zähneklappernd.

– “Das tuen Frisörinnen. Aber Mevrwou Drumdeller sagte noch: 'Hier muß wohl noch alles kaputt geschnitten werden.' Das Haar, meinte sie.”

– „Twilight Zone Amsterdam.”. Männer zitieren gern.

– „Zitat, mein Freund.” „Ich werde eine Liste von allen auf der JPH-Straße anssäsigen Frisörsalons auf die Beine stellen. Und wohlgemerkt: Es sind merkwürdigerweise sehr viele in der Nachbarschaft.”

– „Ich muss in die Serverzone... Da spukt es auch.”, fügt Ton hinzu. Ton war in unserem Freundeskreis als Maestro bekannt, Informatiker vom Beruf.

– „Dann bleibe ich wohl auf der Hut und benachrichtige Dich”.

– „Gut”.

– „Viel Erfolg.”

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